Im amerikanischen Südwesten

Diesen Herbst sind wir durch Kalifornien, Utah und Arizona unterwegs. Die Planungen für diesen Trip begannen ziemlich genau vor einem Jahr und fanden ihren Anfang mit der Buchung des Fluges. Auch wenn ein Airbus A380 ein wirklich großes Flugzeug ist, sind die Plätze in der Premium Economy Class mit ca. 40 Sitzplätzen sehr begrenzt. Einen 12-Stunden-Flug außerhalb dieser Klasse möchten wir uns nicht mehr antun bzw. würde unser Budget, säßen wir eine Etage höher im Flugzeug, übergebührlich beanspruchen. Deshalb buchten wir quasi mit Öffnung des Buchungsfensters vor 365 Tagen den Flug und fanden für unsere Reiseideen auch ein passendes Transportmittel bei roadsurfer.com. Dieses Fahrzeug soll uns den einen oder anderen Abstecher ermöglichen, der mit herkömmlichen amerikanischen Wohnmobilen nicht erreichbar ist, uns aber die Möglichkeit geben soll, Orte zu besuchen, welche wir um die Jahrtausendwende mit Zelt und 4×4 erkundeten. So schön wie es damals war, ist für uns nicht erst seit heute die Zeltära vorbei, auch wenn wir manchmal etwas sentimental auf diese Zeit zurückblicken. Nun haben wir hier ein Fahrzeug, mit dem wir manches von damals vielleicht wiederholen können – mit etwas mehr Komfort.

Fast wieder zu Hause

Jetzt sitzen wir auf dem Flughafen in München und warten auf unseren Weiterflug nach Dresden. Den größten Teil der Strecke haben wir geschafft, es bleibt Zeit für ein Resümee.

  • Airport München ist für uns angenehmer als Frankfurt. Dem Frankfurter Flughafen merkt man sein Alter und sein immer währendes Wachstum an. Ich wage zu behaupten, dass wir auf der Hinreise mit unserem verspäteten Zubringerflug aus Dresden den Umstieg in Frankfurt nicht geschafft hätten.
  • Der Flug mit einem Airbus A380 ist kein Stück kürzer als mit einem anderen Flugzeug. Ich muss aber zugeben, dass es leiser und komfortabler ist. Wir hatten zwei Plätze direkt hinter der Treppe zur First Class über uns. Zumindest eine(r) von uns konnte die Beine beliebig ausstrecken. Die Flugbegleiterin auf dem Rückflug meinte auch, dass dies die besten Plätze in der Premium Economy Class währen. Man kann zwar nicht rausgucken, das ist aber in einem A380 eh nicht so prickelnd, da die Sitze sehr weit von den Fenstern entfernt sind.
  • Der Mercedes Sprinter mit Allrad, Höherlegung, Offroad-Bereifung und Untersetzungsgetriebe war der nahezu ideale Unterbau für unsere Unternehmungen. Für alle, die das mal selbst machen wollen und nach einem passenden Fahrzeug suchen: Das wichtigste sind die Reifen, dann kommt die Höherlegung, dann die Untersetzung und als letztes der Allradantrieb. Sperrdifferentiale, am besten drei Stück, für hinten, vorn und zentral wären auch super, ich habe sie aber nur einmal vermisst. In Afrika hat die fast jeder ernsthafte 4×4-Camper.
  • Der Wohnmobilausbau im 6-Meter-Kastenwagen reicht, wenn das Leben draußen stattfinden kann, wie diesen Urlaub. Sollte es längere Zeit regnen, oder es draußen zu kalt sein, wird es ziemlich eng, erst recht für uns. Das Querschläferbett funktioniert für zwei, es ging sogar halbwegs für mich. Es war das „Opfer“, was ich bereit war zu erbringen, um das machen zu können, was wir gemacht haben. Schön ist, dass wir an jeder Stelle entscheiden konnten, ob wir als PKW durchgehen wollen, oder als RV. Selbst der Tunnel im Zion National Park konnte von uns zu jeder Zeit befahren werden, während andere Wohnmobile auf die one-way-Zeiten angewiesen sind, um in der Mitte des Tunnels fahren zu können.
  • Der Wohnmobilausstatter Winnebago hinterlässt bei uns zwiespältige Gefühle. Einerseits sind in dem Auto pfiffige Ideen umgesetzt, schaut man sich die konkrete Lösung aber mal genauer an, kann ich nur den Kopf schütteln. Dass wir an verschiedenen Stellen Wasser geleckt haben, ist bei der Verlegung der Rohre nicht verwunderlich. Wenn ich dann daran denke, dass diese Fahrzeug einen Listenpreis von ca. $250.000 hat…
  • Der Viermieter roadsurfer hat uns zumindest in Nordamerika zum ersten und letzten Mal gesehen. In unseren Augen funktioniert das Konzept der weitestgehenden „Selbstverwaltung“ nicht. Unser Fahrzeug hat jetzt nach unserer Reise etwa 20.000 Meilen runter, der Zustand sieht aus wie bei 200.000 Meilen ;). Solche Fahrzeuge, erst recht solche, die ein Fahren abseits der Straßen nahelegen, müssen gewartet werden, das werden sie bei roadsurfer nicht. Das kennen wir bspw. von Fraserway in Kanada oder GoNorth im Norden der USA ganz anders. Im Endeffekt bleibt beim Mieter Frust zurück, wenn etwas nicht funktioniert wie erwartet oder andere Dinge gänzlich fehlen. Gewiss, wir sind da recht relaxed und können uns häufig selbst helfen. Wir würden auch nicht anfangen, im Urlaub uns mit dem Vermieter herumzustreiten, da ist uns die Urlaubszeit viel zu schade. Wir ziehen unsere Konsequenzen später. Leid tut es uns für unsere Nachmieter, welche immer noch einen defekten Campingstuhl haben, die auch keine Abdunklung und damit Wärmeschutz für die Frontscheibe haben und deren Wassertank an verschiedensten Stellen leckt. Ist der Nachmieter in der Lage, die ein oder andere Dichtung zu wechseln oder sich im Outback eine zu basteln? Aber was hätten wir tun sollen? Melden wir all das, was wir nicht hatten und somit jetzt auch nicht da ist? Besser nicht, wäre ja noch schöner, wenn wir als Erstmelder dann zur Verantwortung gezogen werden. Wir verschweigen es also genauso, wie alle vor uns. Melde ich die Lecks und defekten Dichtungen an Wassertank und Pumpe? Mache ich auch nicht, weil ich einschätzen kann, was der roadsurfer-Mitarbeiter am Standort mit dieser Information macht – nämlich nichts. Wir spielen also mit denselben Regeln wie alle unsere Vormieter, so wird das auf Dauer nicht funktionieren. Die von roadsurfer durch dieses Vorgehen eingesparten Kosten werden auch nicht an den Kunden weitergegeben, sondern dienen der Gewinnmaximierung. Ich kann das hier so schreiben, da ich Preise vergleichen kann und keinen Kostenvorteil für roadsurfer erkenne. Der Vorteil für uns war nur genau dieses Auto, was es bei keinem anderen uns bekannten Vermieter gibt.

Das Fahrzeug erlaubte uns, all das zu tun, was wir (und besonders ich) gern noch einmal machen wollten. Es hat uns im amerikanischen Südwesten, in Kalifornien, Utah und Arizona gut gefallen, zumindest, was die landschaftlichen Schönheiten angeht. Wir haben vieles wiedererkannt, manches hat sich aber auch dramatisch verändert. Die Besucherströme in den Nationalparks müssen irgendwie bewältigt werden. Das war vor über 20 Jahren noch anders. Woran liegt das? Sicherlich auch an den sozialen Medien, die Bilder und Filmschnipsel von extraordinären Orten an breite Interessensgruppen verteilen. Und diese Interessenten wollen dann alle dort hin. Einerseits ist dies auch Ausdruck von Demokratie, dass es jede(r), oder fast jede(r) kann und auch macht, andererseits führt dies zu einer Überbeanspruchung der Natur, der durch Reglementierung versucht wird, entgegenzuwirken. Für einen kleinen Nationalpark wie Arches bedeutet dies, dass wir eine Reservierung mit dem Flugticket vor einem Jahr hätten tätigen müssen, besser vielleicht noch vorher… Dabei wussten wir noch drei Tage vorher gar nicht, ob wir dort hinkämen. Für uns war das nicht schlimm, wir kennen die Schönheit dieses Parkes, wissen aber auch um die Möglichkeiten um den Park herum und haben was anderes gemacht. Unser Ziel in Moab waren von vornherein nicht die Steinbögen im Park, sondern ein spezieller Steinbogen außerhalb Arches, den ich unbedingt bei Sonnenaufgang sehen wollte – hat funktioniert.

Über das Essen in Nordamerika haben wir Europäer viele Vorurteile. Hier stimmen sie. Während in Kanada in den maritimen Regionen oder auch in USA in den weltoffeneren Staaten Washington und Oregon viele der alten Klischees nicht mehr stimmen, oder man diese leicht umgehen kann, ist es im Südwesten so wie immer: Fleisch, Ei, Bohnen, seltsames weiches Brot. Erst in Kalifornien an der Küste änderte sich das für uns wieder.

Mobilfunk? Ja, in den großen Ballungsgebieten an der Küste, sonst eher unterentwickelt. Eigentlich auch schön, wir haben es nicht vermisst.

Es war eine tolle Reise! Wir haben die Mammutbäume in der Sierra Nevada wiedergesehen. Das ist jetzt schon wieder so lang her, zumindest nach unseren Maßstäben. Wir haben den Grand Canyon von fast allen Seiten nochmals gesehen. Wir waren dabei an einem Ort, den nur wenige besuchen dürfen und können, das war mein großer Wunsch, der mir erfüllt wurde, den ich mir selbst erfüllen konnte. Wir haben die große Schlucht von oben gesehen. Vieles haben wir vielleicht zum letzten Mal angeschaut. So häufig und intensiv wie wir die Roten Steine und die Wüstengebiete drum herum früher bereist haben, hat sich inzwischen unser Empfinden für „Schöne Landschaft“ geändert. Wir sind uns beide einig, dass wir es weiter nördlich, mit mehr Grün und Meer drumherum noch mehr mögen. Alle, die uns kennen, wird das eigentlich nicht wundern. Wir haben die Erfahrungen hier die letzten mehr als zwei Wochen aber vielleicht nochmal gebraucht.

Strecke3223 Meilen
5173 Kilometer
Verbrauch16,3 Meilen/Gallone
14,5 l/100km
Tankkosten$825,66
$4.12/Gallone
€0,98/Liter
Statistik

Jens

Er fotografiert und manchmal schreibt er auch.

1 Antwort

  1. Vat sagt:

    Alles sehr schön und eindrucksvoll. Vor ca. 30 Jahren kostete die Gallone zwischen 22 und 26 Cent. Das das Mobilfunkangebot so unterschiedlich ist, hätteich nicht erwartet.

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