Weltanschauung kommt von Welt anschauen.

Das ist eine unserer Maximen. Wie wir hier im 1×6 feststellen, kann man dies noch optimieren, wenn man einfach die Welt zu sich einlädt, dann erspart man sich selbst das Reisen. Nicht, dass wir dies wollten, das Führen eines Guesthouses wäre bestimmt nicht unser Traum, trotzdem fühlen wir uns hier ein bisschen wie Dauergäste, wie Inventar. Und in dieser Rolle kommen wir auch in den Genuss, diverse Gespräche führen zu können.

Wenn wir derzeit hören, was von einem orangehaarigen bösen Greis über den Atlantik schwappt – und dieser ist hier deutlich schmaler als in Kontintaleuropa – kann uns nur schlecht werden – im besten Fall. Realistischer Weise wäre Angst korrekter. Umso hoffnungsvoller stimmen dann solche Begegnungen wie heute Morgen: Auf die Frage, woher unsere Frühstückstischnachbarn hierher gereist sind, bekommen wir als Antwort

We live in a town of 5,000 people near Crater Lake, Oregon.
We all voted Democrat.

Sehr sympathisch! Aber die Welt hat sich verändert. Noch nie haben wir bisher erlebt, dass Amerikaner:innen sich genötigt fühlten, sofort ihre politische Gesinnung klarzustellen, in diesem Fall schien es eher keine Klarstellung, sondern eine Entschuldigung zu sein. Wir hatten also genügend Diskusionsstoff. Wir berichteten von unseren Erfahrungen und Beobachtungen aus dem letzten Herbst und bekamen diese bestätigt. Wir berichteten davon, dass wir den Pazifischen Nordwesten gern bereist haben und dass Oregon und Washington State unsere Lieblingsbundesstaaten sind – darüber freuten sie sich. Sie reisten dann ab, ihre Plätze am Frühstückstisch nahm ein junges Paar aus Michigan ein, offenbar apolitisch und wenig an einem Diskurs interessiert, das ist ihr gutes Recht.

Wir hatten heute keine großen Pläne mehr, das Wetter versuchte in seiner Wechselhaftigkeit seit letzter Nacht alles nachholen zu wollen, was wir die letzen knapp zwei Wochen vermisst hatten. Wir hatten nur noch einen Termin in der Lava Show in Reykjavík. Wenn schon der echte Vulkan hier nebenan derzeit ruhig ist, schauen wir uns wenigstens mal an, was so über Lava erzählt wird. Für uns war jetzt nicht so viel Neues dabei, man sollte es aber zur Pflichtveranstaltung für alle machen, die selbst neben oder gar auf einem oberflächlich erstarrten Lavastrom stehen wollen. Ich schaute mich im Auditorium um und sann darüber nach, wieviele der Anwesenden wohl eine der Fagradalsfjall Eruptionen selbst erlebt hatten. Mein Tipp: Wenige bis keine. Wiedermal wurde mir klar, wieviel wir schon auf Reisen erleben durften.

Zurück in Keflavik, mehrere Schneefronten später, blieb uns noch ein letzter Besuch der hauseigenen Lagune und die Dokumentation unseres Besuches im Gästebuch, direkt begleitet und kontrolliert von der vierbeinigen Assistenz.

Jens

Er fotografiert und manchmal schreibt er auch.

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