Außer den Nationalparks, die vermutlich fast jeder kennt, gibt es immer wieder auch verborgene Schätze, die für sich genommen wohl zu klein für einen Nationalpark sind, trotzdem aber sehr sehenswert. In Utah befinden sich viele davon entlang des Scenic Byway #12, der vom Bryce Canyon National Park durch das Grand Staircase-Escalante National Monument in den Capitol Reef National Park führt. Grand Staircase-Escalante ist dabei die jüngste geschütze Region, die erst zur Amtszeit Bill Clintons Mitte der 1990er Jahre von ihm proklamiert wurde.

Begonnen hat unser Tage heute wieder mit einem Sonnenaufgang. Ja, so beginnt im Grunde genommen fast jeder Tag, aber halt nicht am Bryce Canyon. Wir mussten uns sputen, der Himmel glühte schon und es blieben uns nur wenige Minuten bis zum Sunrise Point. Ich entließ Eva in der Zufahrt aus dem Auto, damit wenigstens sie pünktlich wäre. Ich suchte erst einmal einen Parkplatz; gar nicht so einfach, da wir, wie die Leser:in sich denken kann, auch hier wieder nicht die einzigen sind. Ich hatte aber Glück und war durch einen kurzen Sprint tatsächlich noch vor der Sonne da.

Bei unserem letzten Besuch hatten wir uns, wie schon geschrieben, zeitlich um eine Stunde vertan und haben am Sunrise Point ziemlich gefroren, bis endlich die ersten wärmenden Strahlen der Sonne über die Berge kamen. Heute war es mit 6°C wieder sehr kalt, wir waren aber in time, so war es auszuhalten. Am Bryce Canyon haben wir es bisher immer so erlebt, dass trotz der großen Anzahl an Besucher:innen eine sehr ruhige Stimmung herrscht. Das liegt sicherlich auch am weitläufigen Amphitheater, an dessen Rand sich alle gut verteilen.

Langsam begann aber der Magen zu knurren. Weil es nach wie vor sehr kalt war, beschlossen wir, den Nationalpark zu verlassen und uns etliche Höhenmeter unter uns im Kodakchrome Basin jemanden zu suchen, der uns ein Frühstück machen und dafür unser Geld nehmen würde. Hat funktioniert, unterwegs fragten wir uns, wie lange der Name Kodakchrome Basin noch Bestand haben wird. Die Felsen sind sicherlich auch in der Zukunft noch farbenprächtig, wer aber wird noch wissen, was ein Kodakchrome ist? Wissen es alle hier Mitlesenden noch?

Gut vorbereitet, da gestärkt, begannen wir unseren heutigen Roadtrip für den Scenic Byway #12. Strenggenommen begannen wir diesen nicht erst hier, sondern schon oben am Bryce Canyon. Der erste versteckte Schatz läge gleich hier um die Ecke: Shakespeare Arch. Diesen besuchten wir erstmalig 1999. Also ich behaupte, dass wir dies taten, Eva bestritt dies vehement zwei Jahre lang, so dass wir den Steinbogen 2001 noch einmal besuchen „mussten“. Auch danach, bis heute, kann sich Eva an den ersten Besuch nicht erinnern. Bei uns hat der Shakespeare Arch dadurch als feststehender Begriff Bedeutung erreicht: Wenn eine(r) von uns beiden irgendetwas nicht mehr weiß, sich nicht erinnern kann, so heißt es deshalb:

Liegt gleich neben dem Shakespeare Arch

Heute aber lassen wir den Steinbogen wirklich rechts liegen. Unser erstes großes Ziel ist der Garten des Teufels. Bis dorthin könnte man jede Meile stehenbleiben und gucken. Die Straße #12 trägt den Titel Scenic Byway zu recht. Es ist eine der schönsten Routen der Welt, zumindest jenes Teiles der Welt, die wir kennen. Aber zurück zum Garten des Teufels. Die Gesteinsformation Devil’s Garden ist ein kleiner Spielplatz der Natur, abseits der #12, an der Hole in the Rock Road gelegen. Wir waren da schon, damals ganz allein. Heute gibt es einen Parkplatz am Trailhead, wir sind nicht das erste Fahrzeug. Trotzdem verlaufen sich die Leute hier, die meisten bleiben nur wenige Minuten, wir vielleicht eine knappe Stunde. Die unzähligen unterschiedlichen Gesteinsformationen lassen immer neue Ideen entstehen, was und wie man etwas fotografieren oder filmen könnte.

Obwohl dieser Ort sehr schön ist, hätten auch wir ihn vermutlich nicht angesteuert, da die 14 Meilen Wellblechpiste bis hierher wirklich sehr unangenehm zu fahren sind. Aber es ist die halbe Strecke bis zum nächsten Etappenziel, weitere 14 Meilen Wellblech. Dort wartet der Peek-a-boo-Canyon leider nur auf mich, dazu aber an anderer Stelle mehr.

Von der Hole-in-the-Rock-Road zurück auf der #12 und damit endlich wieder glatten Asphalt unter den Rädern fahren wir weiter nach Osten auf dem schönsten Teilstück der Route zwischen Escalante und Boulder. Hatte ich oben geschrieben, dass man jede Meile stehenbleiben könnte, so sind es auf diesem Teilstück vielleicht halbe Meilen von Aussicht zu Aussicht. Geht aber nicht, irgendwie müssen wir auch ein Stück vorwärts kommen. Das ist hier leider so, die Strecken summieren sich manchmal zu ganz erheblichen Entfernungen.

Hell’s Backbone lassen wir aus, da wir in den Bergen dort keine Laubfärbung entdecken können. Es hätte sich gelohnt, um etwas Indian Summer in Utah sehen zu können. So bleibt Zeit für den Singenden Canyon am Burr Trail. Das ist ein sehr einfach zu begehender kurzer Slot Canyon, der allen empfohlen sei, die sonst keine Möglichkeit haben, eine solche Schlucht zu besuchen. Wir hatten sogar das Glück, dass dem Namen Singing Canyon alle Ehre gemacht wurde. Eine kleine Gruppe von Amerikaner:innen sang tatsächlich ganz hinten in der Schlucht als wir ankamen. Das klang wirklich schön.

Wir kehrten auf dem Burr Trail wieder um, zurück zur #12 und setzten unseren Weg Richtung Capitol Reef National Park fort. Dazu mussten wir den Lion Mountain auf reichlich 2.900 Meter überqueren. Ein wirkliches Gefühl für die Höhe stellt sich hier selten ein, da das ganze Umland sehr hoch liegt. Aber hier war tatsächlich schon Herbst, die meisten Espen und Birken hatten ihre Blätter verloren. Das dürfte auch der Grund sein, weshalb wir aus der Ferne keine Laubfärbung auf Hell’s Backbone gesehen hatten. Nur an vereinzelten Stellen weiter unten am Berg sahen wir noch ein wenig Rot und Gelb an den Bäumen. Den Berg herunter erreichten wir unser Ziel für den heutigen Tag. Ein RV Campground, vor den Toren des Capitol Reef National Park. Dort leuchteten abends auch nochmals die Felsen für uns, als wollten sie uns für den nächsten Morgen einladen.

Jens

Er fotografiert und gelegentlich schreibt er auch.