Inzwischen sehen wir einen Temperaturunterschied von fast 20° Kelvin zwischen zu Hause und hier. Wenn wir in die Wärme wöllten, dann hätten wir das gemacht – wir wollten aber in den Winter. Wir wollten Schnee, vielleicht auch Schneestürme – und Eis. Zur Zeit aber erreicht das Thermometer fast die zweistelligen Werte auf der Skala. Wir sahen schon auf dem Anflug im Hochland fast keinen Schnee mehr, der große Sturm vor zwei Wochen hat alles hinweggefegt, Neuschnee kam bisher keiner mehr – viel zu warm. Während daheim gerade Polarluft dominiert, sieht es hier von den Luftmassen wie im Sommer aus: Die Warme Luft kommt mit viel Wasser aus dem Süden und regnet an der Südküste ab. Das Azorenhoch bekommt eine völlig neue Bedeutung. Wir fahren jetzt seit 10 Jahren in den isländischen Winter, unsere eigenen Aufenthalte hier haben natürlich immer nur Stichprobencharakter, trotzdem sehen wir eine Veränderung in nur 10 Jahren…
Aber egal, jedenfalls genießen wir heute morgen 8:00 Uhr, draußen ist es noch stockdunkel, zum wiederholten Male Yukis Frühstück und begeben uns dann auf den Weg Richtung Norden, dort sieht das Wetter besser aus. Ein Hotelzimmer haben wir gestern Abend gebucht. Wir hatten keine Schwierigkeiten etwas Genehmes zu finden. Noch immer scheint sich der Touristenstrom auf den Süden zu beschränken. Die Fahrt heute wird diesen Eindruck bestätigt haben.
Über die Halbinsel Reykjanes bis zum Tunnel durch den Hvalfjord schüttete es aus Eimern, nach dem Tunnel wurde es besser, an der Nordküste angekommen war es trocken. Das sollte sich heute auch nicht mehr ändern. Zum frühen Nachmittag erreichten wir Akureyri, unser Ziel für den heutigen Tag. Nur einmal hielten wir auf der Öxnahei∂i und schauten in die Schlucht, die der Winter auch vergessen hat.
Der Stadtrundgang in Islands zweitgrößter Stadt ist schnell erledigt, alles scheint beim alten. Pünktlich zur Happy Hour waren wir zurück im Hotel und genehmigten uns jeder einen Spritz, einmal mit Aperol, einmal mit Limoncello. Wusstet ihr eigentlich, dass es im Norden recht sonderbare Regeln für die Zubereitung von Cocktails gibt? Der Sprizz, so wie ihn die Venezianer erfunden haben, besteht aus drei Teilen Prosecco, zwei Teilen Likör und einem Teil Soda, genau in dieser Reihenfolge. In Norwegen aber nicht. Dort beginnt die Barkeeper:in mit dem Likör, weil ihr es nicht erlaubt ist, den Alkoholgehalt eines Getränkes zu erhöhen. Genau dies würde aber passieren, gösse sie Likör in den Prosecco. In Island scheint es diese absonderliche Regelung aber nicht zu geben, wie meine Beobachtung heute mir nahelegt, wenn auch meine empirisch gewonnene Datenlage noch äußerst dünn ist.
Für das Abendessen verlegten wir unseren Standort noch etwas weiter in den Ortskern. Nur ein paar Hauseingänge weiter fanden wir ein uns sympatisches Restaurant. Das gute an den Preisen ist der Umrechnungskurs: 1:145 ist so sperrig, da rechnet man besser gar nicht erst nach ;=)