Irgendwann am sehr späten Morgen war es dann auch am Faro de Punta Cumplida soweit: Wir mussten aufbrechen, keimte doch in uns immer noch ein klein wenig Hoffnung, den Wolkenwasserfall zu sehen. Dass der Leuchtturm als Unterkunft großartig ist, hat Eva ja schon geschrieben. Im Vorfeld lasen wir das ein oder andere Mal, dass die Lage gelegentliche Wetterkapriolen mit sich bringt, mit Nebel etc. Nichts davon beeinträchtigte uns, wir hatten im Westen die sich senkende Sonne, über uns ein Sternenmeer und am Morgen im Osten den Sonnenaufgang. Schöner hätte es wirklich nicht sein können.

Trotzdem lockte noch der Wolkenwasserfall, das Phänomen, dass sich die Passatwolken vor der Isla Bonita aufstauen und dann an der tiefsten Stelle in etwa 1500 m über den Bergkamm wälzen, um danach der Schwerkraft folgend nach unten zu fallen und dann mehr oder weniger schlagartig zu verdunsten. Im Grunde passiert das fast jeden Tag, es sein denn: Es sind zu viele Wolken, es ist zu viel Wind, die Wolken sind zu hoch etc. pp.

Wir versuchten unser Glück, in dem wir die Cumbre Vieja von Ost nach West durch den Tunnel querten. Die Einfahrt in den Tunnel unternahmen wir im dichten Wolkennebel, das passte also schon mal, die Ausfahrt auf der westlichen Seite lag im Sonnenschein, auch das passte also. Hinter dem Tunnel nahmen wir gleich die erster Piste um an den Rand der Cumbre Vieja zu kommen. Oben angekommen, sahen wir kurz noch die Wolken ziehen, Sekunden später waren wir von ihnen eingehüllt und erlebten eine weitere Bedingung, die einem Wolkenwasserfall entgegen standen: Die Wolken stiegen vom Westen her den Bergrücken empor, nicht durch den Passatwind getrieben, sondern durch die Wärme der Sonne, die unterhalb das Wasser verdunsten ließ und dieses sich am Berghang nun in Wolken sammelte.

Es wäre aber nicht die Isla Bonita, wenn diese nicht ein Alternativprogramm zu bieten hätte. Die geneigte Besucher:inn dreht sich einfach nur um, richtet den Blick ein wenig nach unten oder nach oben und entdeckt das absurde Farbenspiel zwischen dem Schwarz der Vulkanasche am Boden, dem Grün der Kanarischen Pinien und anderer floraler Besonderheiten darauf und dem Himmelsblau, welches immer mal durch die Wolkenlücken zu entdecken war.

Da wir bis zur Abfahrt unserer Fähre noch Zeit hatten, bewegten wir uns noch einmal nach Westen den Bergrücken hinunter, bis zum Meer. Wir fanden sogar noch ein kleines Stück Strand, den die beiden badewilligen Reiseteilnehmerinnen nutzten, um über diesen bis in den Atlantik zu kommen.

Da wäre also auch dieses Urlaubsziel erledigt. Jetzt lag nur noch eine neuerliche Querung der Insel vor uns, noch einmal hoch bis über 1.000 Meter und auf der anderen Seite wieder herunter. Ich mag wirklich Kurven, aber auf La Palma ist es irgendwann auch mir genug. Wir erinnern uns wieder an unseren ersten Besuch hier, der über 25 Jahre zurückliegt. Irgendwann waren uns auch damals die Kurven zu viel.

Der Weg zurück nach Osten führt aber tiefer im Berg durch einen längeren Tunnel und deshalb etwas weniger kurvig. Pünktlich erreichten wir den Katameran, der uns in zweieinhalb Stunden wieder nach Teneriffa bringen würde. Eva klärte uns darüber auf, dass eben dieses Schiff ein paar Tage vorher ein Fahrzeug an den Atlantik verloren hatte. Magdalena berief die Statistik, dass damit die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Fahrzeugverlustes die nächsten Tage eher gering sei. Alles richtig, aber: Der Zufall hat kein Gedächtnis, es wird immer wieder neu mit allen Seiten des Würfels gewürfelt.

Unsere „Medizinfrau“ versorgte die drei würfelhustengefärdeten Reisenden mit ihrer oralen Injektion, die bei dieser Überfahrt völlig unnütz gewesen sein wird – die Überfahrt fand dieses Mal nicht über das offene Meer statt, sondern nur über einen etwas größeren Ententeich – wie langweilig 😉 Unser Fahrzeug war am Ende der Überfahrt tatsächlich noch da und unser Abendessen wartete schon bei Radio Sabich, unserer Entdeckung vom ersten Abend, auf uns. Das Hummus und der Rosé waren wieder genauso „geil“ (Ausdruck des Inhabers) wie am ersten Abend. Hinter uns und hinter La Gomera fiel die Sonne in ihr Wolkenbett und dann ins Meer, für uns war es noch ein kleiner Weg bis zu unserem auch heute wieder wirklich schönem Quartier.

Jens

Er fotografiert und manchmal schreibt er auch.