Wie so häufig zu Beginn einer Reise ließ der Wecker eher von sich hören als er dies an einem Arbeitstag für gewöhnlich tut. Kurz vor 5.00 Uhr saßen wir dann auch im Fahrzeug. Den Guten-Morgen-Kaffee hatten wir auch eingespart, das wollten wir unterwegs nachholen. Inzwischen ist das gar nicht so einfach. Alle Autobahnraststätten zwischen Dresden und Plauen hatten noch geschlossen. Das war früher auch anders.
Unter gefährlichem Koffein-Mangel bedienten wir einen Kaffeeautomaten, der uns tatsächlich nach Erhalt einer größeren finanziellen Spende auch so etwas ähnliches wie Kaffee ausgab. Das Frühstück bekamen wir in einer kleinen Bäckerei neben der Autobahn, in einem Ort, wo die Welt noch in Ordnung scheint. Vorsichtshalber fragten wir vorher, ob Karte akzeptiert werden würde. Ja, ab 25 Euro. Das würden wir wohl schaffen, war unsere Antwort. Wir schafften es nicht. Mann kann also tatsächlich noch für unter 25€ zu zweit ein umfangreiches Frühstück erhalten.
Ohne eine Verzögerung erreichten wir den Flughafen München, standen schnell an der Mietwagenrückgabe und wurden dort freundlich abgefertigt. Und dann fiel es uns plötzlich ein: Wir hatten vergessen, wieder aufzutanken. Das sind wir nicht mehr gewohnt, wenn man nur noch den Stecker in die Dose steckt. Ärgerlich, aber in den Gesamtkosten des Urlaubs dann doch zu vernachlässigen. Der junge Mann an der Rückgabe gab sich aber sichtlich Mühe, unseren Fauxpas noch irgendwie schön zu rechnen.
Die Gepäckabgabe war dann schnell erledigt, eingecheckt hatten wir schon gestern. Im Grunde sieht man dazu keine einzigen Menschen mehr, alles erledigen wir selbst an irgendwelchen Terminals. Für uns ist das kein Problem, für andere Reisende, die Unterstützung brauchen, ist aber jede Menge Personal im Einsatz, welches diese Hilfe anbietet. Ebenso schnell wie die Gepäckabgabe verläuft der Security-Check. Die Anlagen dazu sind so modern, dass ich nicht einmal mehr das Notebook aus dem Fotorucksack nehmen muss. Da können sie jetzt im 3D-Röntgenbild daran vorbei gucken.
Das Boarding beginnt pünktlich, die kanadische Sicherheitsüberprüfung vor dem Flug hatten wir dank der passenden App in wenigen Minuten erledigt. Der Kapitän meinte, fast eine dreiviertel Stunde einzusparen, so dass wir überpünktlich in Calgary landen würden. Selten war ein Flug so langweilig, es wackelte nie, das war angenehm, es war aber auch nichts zu sehen. Die Bewölkung begann kurz hinter den ostfriesischen Inseln und endete erst kurz vor Calgary. Aber die Rocky Mountains waren zu sehen, teilweise noch mit Schneekappen auf den Gipfeln. Diese Ansicht ist beeindruckend, da wir in Europa mit den Alpen es so nicht kennen. Am ehesten ist das noch mit dem Blick aus dem Piemont auf den Westalpenbogen zu vergleichen, aber auch nicht ganz, da vor den Alpen überall ein Vorgebirge liegt, was es hier nicht gibt. Hier entwachsen die 3000er sofort der Prärie. Nichts Neues, das weiß jeder, nennt sich Lewis-Überschiebung 😉
Die Einreise war dank freundlichem kanadischen Personal sehr schnell erledigt. Dank unserer Vorbereitung zu Hause konnten wir auch hier wieder eine Abkürzung nehmen. Der Aufwand, der hier bei der Einreise betrieben wird, ist der gleiche wie in den USA. Aber hier wird dabei freundlich gelächelt – einer der signifikanten Unterschiede zwischen dem nördlichen und dem südlichen Bereich des 49. Breitengrades.
Unser gebuchtes Uber fuhr quasi in dem Moment vor, als wir das Flughafengebäude verließen und etwa 20 Minuten später waren wir in unserem Quartier für die ersten zwei Nächte, mitten in einem der Wohngebiete Calgarys, in Sichtweite von Downtown.
Wir kämpften noch ein bisschen gegen den Jetlag und suchten uns etwas zu essen. Wir fanden ein Pub in einer alten Feuerwache. Das Essen war eher schlecht, der Fokus lag auf den selbstgebrauten Bieren und den auf unzähligen Bildschirmen laufenden Sportübertragungen. Da liefen mehrere Baseballspiele gleichzeitig – und keiner schaute hin. Im Nachbarraum in der alten Feuerwache sah ich 4 in weiße Overalls gekleidete Männer, die jeder mit einem seltsamen Gerät versuchten irgendein flimmerndes und leuchtendes Etwas in eine viel zu kleine Kiste zu bekommen und dabei immer aufpassten, die Strahlen, welche aus ihren Geräten kamen, niemals zu kreuzen. Aber vielleicht waren das auch nur die Auswirkung des Jetlags.