Unseren nur kurzzeitig existierenden Plan, von Korsika nach Sardinien überzusetzen, hatten wir inzwischen wieder verworfen. Der Grund war nicht der Mistral, der zwischen den beiden Inseln entstehen kann, sondern eher die schlechten Verbindungen von Sardinien ans italienische Festland. Das klingt jetzt etwas einfältig, ist aber tatsächlich so. Die häufigste Verbindung ginge von Olbia im Nordosten nach Civitavechia. Die Fähre geht gegen 22:00 Uhr und kommt 6:30 an der italienischen Küste an. Für einen Urlaubsmorgen ist das irgendwie zu zeitig. Das wäre gut, wenn man nur schnell weiter wöllte, das wollen wir aber nicht. Option zwei wäre die längere Fahrt von Cagliari im Süden Sardiniens ebenfalls nach Civitavechia. Die Fähre ist erst 11:00 Uhr da, was einen gemütlichen Morgen verspräche. Grimaldi Lines betreibt diese Verbindung aber nicht als Touristenroute, sondern als Cargo-Strecke. Auf dem Schiff gibt es gar keine Kabinen, sondern nur Schlafsessel für die Trucker. Das muss nun auch nicht sein. Nach Sizilien gäbe es eine vernünftige Verbindung, doch dafür haben wir keine Zeit.
Also beschlossen wir, nicht nach Sardinien überzusetzen, stattdessen auf Korsika zu bleiben und die Insel auf dem gleichen Wege zu verlassen, auf welchem wir auch gekommen waren. So hatten wir heute morgen Zeit, um uns den wunderschönen Süden Korsikas anzusehen. Gestern Abend begannen wir damit ja schon in Bonifacio, heute besichtigten wir noch das Südkap, bevor wir immer an der Südwestküste entlang Richtung Ajaccio weiterfuhren.
Der Süden Korsikas wird von einer Kalkstein- und Kreideküste geprägt. Deshalb müsste man also gar nicht hinfahren, das gäbe es auch auf Rügen, hier jedoch ist das Wetter ungleich besser, zumindest jetzt im Herbst.
Gegenüber der 12 Kilometer breiten Meerenge sehen wir Sardinien und die der zweitgrößten Mittelmeerinsel vorgelagerten kleinen Inseln, welche auch die Seychellen des Mittelmeeres genannt werden. In welchem kausalen Zusammenhang aber der Hauptort Palau dazu steht, wissen wir nicht. Heißt der Ort Palau, weil er das Tor zu den Seychellen Sardiniens ist oder heißen die Inseln „Seychellen“, weil der größte Ort hier Palau heißt. Dass das Wasser um die Inseln herum ob ihrer türkisen Farbe Erinnerungen an die Inseln vor Afrika weckt, können wir uns indes gut vorstellen. Das ist hier an der Küste Korsikas auch so.
Nachdem wir am Leuchtturm lang genug Richtung Sardinien geschaut hatten, machten wir uns so langsam auf die Weiterreise entlang der Südwestküste. Unser nächstes Ziel sollte Sartène sein. In diesem kleinen Bergdorf sollte es heute Vormittag einen Markt geben. Viel versprachen wir uns nicht, da wir erst etwa eine halbe Stunde vor Marktschluss eintreffen würden. Bloß gut, wir wären sonst enttäuscht gewesen. Viel Markt war nicht, wir haben Nachsaison. Der Ort ist trotzdem hübsch. Wir verkosten einen der örtlichen Weine, bevor wir ans Meer fahren, um dort etwas zu essen zu finden. Da wir nun schon einige Tage in Frankreich sind, würde es langsam an der Zeit sein, eine Crêperie aufzusuchen. Aber dieser Versuch scheitert, wir finden aber unweit entfernt ein kleines Lokal mit korsischen Spezialitäten. Es ist das einzige Restaurant, dass keine Werbung macht und dessen Tische mehr oder weniger alle besetzt sind. Ein weiteres untrügliches Zeichen ist die nicht laminierte Speisekarte! Wir sind vernünftig und belassen es jeder bei nur einem kleinen Gericht. Wir hätten die Speisekarte auch rauf und runter probieren können 😉
Weiter ging es auf Schnürsenkelstraßen nach Ajaccio in die Hautpstadt Korsikas und … jede:r weiß das, in den Geburtsort Bonapartes. Weil gerade ein Schnelllader im Navi des Autos auftauchte, nutzten wir diesen, um ein paar Kilowattstunden in die Batterie zu pumpen. So eigentlich brauchen wir das nicht, da wir an unserer Unterkunft eine Lademöglichkeit haben werden, aber man weiß ja nie. Als unsere Batterie voll genug war, dass wir notfalls auch über die ganze Insel kämen, fuhren wir weiter über die breite Ufermagistrale in die Stadt, stellten schnell fest, dass es uns hier viel zu voll und alles viel zu groß ist und kehrten um. Unser Gewissen beruhigten wir damit, sowieso nur wegen des Ladens hier gewesen zu sein.
Etwa 35 Kilometer weiter in den Bergen erreichten wir unser Ziel für den heutigen Tag in Bastelica. Ganz ruhig, hier gibt es nur Wanderer. Das Bett steht direkt am Panoramafenster, damit wir die Berge in ihrer ganzen Schönheit sehen können. Wir betrachten über unsere Füße hinweg das Farbenspiel während des Sonnenuntergangs, der hier in den Bergen schneller kommt und machen uns auf ins Dorf um etwas zu essen zu finden. Das wird auch wirklich Zeit, schon seit einigen Stunden haben unsere Mägen kein korsisches Essen mehr bekommen…
