Da hatte ich mich irgendwie vertan beim Wecker stellen. Er klingelte jedenfalls 5:00 Uhr. Da unsere Camp Site gar nicht mal soweit weg vom Rim ist, konnten wir noch eine halbe Stunde liegenbleiben. Dann aber war Aufstehen dran, um pünktlich am Mather View Point zu erscheinen und den Sonnenaufgang nicht zu verpassen. Diese Idee hatten viiieeele! Dabei war der Morgen gar nicht mal so spektakulär, weil mit der Sonne Wolken hochzogen. Diese Wolken waren der Vorbote dessen, was ab Mittag hier passieren würde: Regen. Und wie die Wetter App zu berichten wusste, wird aus dem Regen morgen früh Schnee. Es wird eine geschlossene Schneedecke von 5 cm erwartet.

Für uns waren es die letzten Bilder des Canyons, vielleicht für immer. Wer aber kann von sich behaupten, den Grand Canyon ähnlich oft und intensiv besucht zu haben wie wir? Auf dieser Reise können wir nun erstmalig direkt vergleichen zwischen North Rim und South Rim. Der Norden gewinnt für uns eindeutig, nicht wegen der Ausblicke, sondern wegen des Flairs. Toroweap läuft außer Konkurrenz, da sind wir uns einig. Wir verlassen den Nationalpark gen Süden und erreichen nach etwa 40 Meilen Williams. Es ist das Tor zum Grand Canyon und auch der Beginn der historischen Route 66 in Arizona. Wir werden dieser manches Mal folgen. Aber erst einmal gibt es für uns ein Frühstück in der teils wie ein Museum wirkenden Stadt. 

Auf der 66 erreichen wir ca. 100 Meilen weiter östlich den Hackberry General Store. Es ist ein Ausstellungsort der Route-66-Devotionalien, angefangen von alten 60er-Jahre Autos, über alte Tanksäulen bis hin zu allerlei anderem Krimskrams, den wirklich niemand braucht. Es ist einfach pittoresk.

Für uns geht es weiter nach Südwesten. Die Landschaft wird immer karger. Wir durchqueren die Mojave Wüste und erreichen am späten Nachmittag unser heutiges Ziel: Joshua Tree National Park. Dort hatten wir uns eine Campsite auf dem Jumbo Rocks Campground reserviert. Das ist schon Tage her, wir hatten, so glaube ich, die Auswahl aus zwei freien Sites. Der Park ist die Heimat von Yuccas (den Joshua Trees) und Cholla-Kakteen. Der Campground gehört zu den schönsten der Reise, da die einzelnen Sites zwischen den vielen großen Steinen angelegt sind. Auch hier sind wir nicht das erste Mal. Für unsere Rückreise liegt der Park ziemlich ideal zwischen Grand Canyon und Los Angeles. Den Sonnenuntergang verpassen wir fast, da wir mit dem Einräumen unserer Taschen beschäftigt sind. Im WoMo herrscht jetzt wieder halbwegs Ordnung und zwei unserer Taschen sind schon abflugbereit. Wir merken, die Reise geht so langsam zu Ende. Unser letztes Holz wärmt uns durch den gerade stattfindenden Oxidationsprozess. Hier ist es jetzt auch nicht mehr so heiß, wie vor einer Woche noch. Das Thermometer zeigt 22°C, also fast Evas Komforttemperatur.

Am Himmel sehen wir noch den Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS), bevor der Supermond im Osten aufgeht und einen Großteil der Sterne mit seinem Licht überstrahlt. Dafür ist es überall recht hell, zumindest für eine Nacht. Wir werden trotzdem schlafen können. Wir sind hundemüde. Es war ein langer Tag. Wir haben viele Meilen „gefressen“. Der heutige Morgen wirkt inzwischen schon wie aus einer anderen Reise.

Jens

Er fotografiert und manchmal schreibt er auch.