In unserer großen Gleichung für diesen Urlaub kam der Waterton Lakes National Park gar nicht vor, das ergab sich eher so wegen des schönen Wetters hier und des Umstandes, dass wir dank Evas Beharrlichkeit hier noch zwei schöne Stellplätze bekamen. Das grenzte schon fast ein Wunder.
Der Waterton Lakes National Park ist der kanadische Teil des Waterton – Glacier Peace Parks, der andere Teil, der Glacier National Park liegt südlich des 49. Breitengrades in Montana. Normalerweise würde eine Reiseplanung wohl so aussehen, beide Parks zu besuchen. Das fällt zumindest für uns aus, obwohl wir alles hätten: Reisepässe, gültige ESTA, einen „America the Beautiful“ Pass. Wenn da nur nicht diese letzte Wahl gewesen wäre.
Aber auch, wenn wir nur den nördlichen Teil bereisen, ist dieser für sich genommen schon sehenswert. Das Besondere an diesem Park sind seine buchstäblich aus der Prärie erwachsenden Berge. Diese Besonderheit erkannten schon Captain Meriwether Lewis und Second Lieutenant William Clark, die, nachdem sie 6.500 Kilometer dem Mississippi und Missouri stromaufwärts gefolgt waren, 1805 die Rocky Mountains überquerten. Hier gibt es eine geologische Besonderheit: Etwa eineinhalb Milliarden Jahre alte Gesteinsschichten aus dem Präkambrium überlagern hier nur etwa 100 Millionen Jahre „junge“ Schichten aus der Kreidezeit. Der Chief Mountain (auf dem Bild ganz links) ist der östlichste Punkt dieser Lewis-Überschiebung genannten geologischen Formation. Der Berg erhebt sich fast 1.500 Meter aus der Prärie und war in den Zeiten der Erforschung Amerikas eine bedeutende Landmarke. Für die Blackfeet First Nation ist er ein heiliger Berg.

Wir hatten nun einen ganzen Tag Zeit, den Park ein bisschen zu erkunden. Hier im Park sieht man Spuren eines großen Waldbrandes, der 2007 wütete. Da der Park sich im Grunde genommen rechts und links der steilen Berghänge um den langgestreckten Waterton Lake erstreckt, entsteht über dem See fast immer eine relativ starke Brise, weil sich die bewegten Luftmassen, meist aus Südwest kommend, durch diesen engen Kanal zwängen müssen und sich durch den Venturi Effekt noch beschleunigen. Der Brand konnte sich dadurch sehr schnell ausbreiten. Es ist aber nach den inzwischen fast 18 Jahren zu sehen, wie die Natur wieder erblüht. Überall steht Fireweed, welches seinen englischen Namen nicht von ungefähr trägt. Es ist eine der Pionierpflanzen, wir kennen sie vor allem aus der Tundra Alaskas.
Nach dem Mittag mussten wir zurück am See sein, weil wir doch zwei Tickets für einen Schiffsfahrt auf selbigen hatten. Der Upper Waterton Lake, der etwa 4 Meilen in Alberta und 3 Meilen in Montana liegt, wird von einem Schiff befahren, welches fast schon so alt ist wie die Gans. Mit diesem Schiff kommen wir in die USA, ganz ohne Grenzkontrolle – und auch wieder zurück. Das wir den 49. Breitengrad überquerten, war für uns jetzt nicht sonderlich wichtig, vielmehr interessierte uns die Bergkulisse rechts und links des Sees. Und natürlich sehen wir die Schneise, welche schnurgerade durch die Landschaft gezogen, die Grenze markiert.
Am Ende können wir sagen: Ja, war schön, wir haben aber in den letzten 4 Wochen schon Spektakuläreres gesehen. Dies ist aber keinesfalls eine Kritik an der Landschaft, sondern nur am Preis des Ausflugs. Aber da wir nun schon mal hier waren…
Zwei Termine hatten wir heute noch. Ein Abendessen im Prince of Wales und vorher, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Beides ist gelungen. Ich habe das Hotel so fotografieren können, wie ich es gern wollte und wir haben richtig gut gegessen. Vom Tisch hatten wir die Kulisse des Sees und der Berge vor uns, selbst ein paar Rocky Mountains Antelopes kamen vorbei. Ich hatte mir ja eigentlich vorgenommen in Nordamerika kein kurzgebratenes Stück Rind mehr zu essen. Heute bin ich dann aber doch schwach geworden und ich kann sagen: in 33 Jahren, die ich Kanada bzw. die USA inzwischen bereise, habe ich auf diesem Kontinent noch nie ein besseres Stück Rind gegessen als dieses. (Wohl aber kenne ich zwei Orte, wo es noch besser ist 😉 ) Eva hat ihr Fisch ebenso geschmeckt, das Ambiente tat sein Übriges, auch oder besser trotz des Umstandes, das heute hier Christmas in July gefeiert wurde.
Der hier, wie oben geschrieben, immer wehende Wind kam heute Abend zum Erliegen. Laut den Informationen, die jeder hier Übernachtende bekommt, hauptsächlich der Bäreninstruktionen wegen, kommt das nur sehr selten vor. Nebel zog über den See, der uns auch morgen früh noch begleiten würde.