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Ganz einfach: Gesucht ist der Iseosee, kommt immer mal in Kreuzworträtseln vor.
Ich frage mich gerade wieder ganz besorgt, woher ich das weiß. Ich mache gar keine Kreuzworträtsel!
Wir könnten uns dem See auch über mehrere Superlative nähern: Es ist der viertgrößte der oberitalienischen Seen oder anders ausgedrückt: Es ist der kleinste der großen, nach Gardasee, Lago Maggiore und Comer See. Aber – und das macht ihn besonders – in ihm liegt die größte südeuropäische Süßwasserinsel der Welt – wenn das kein Alleinstellungsmerkmal ist! Bisher dachte ich, zum Inselsberg nach Thüringen fahren zu müssen, dabei finde ich den Monte Isola hier, am südlichen Ende des Valcamonica an der Via Claudia Augusta.

Den Tag wollen wir heute morgen eigentlich mit dem Bezwingen des Passo di Gavia beginnen, seines Zeichens der zweihöchste italienische Alpenpass, von den Genuesen benutzt, um heimlich, still und leise zwischen den verfeindeten Lombarden im Westen und den Venezianern im Osten die Alpen überqueren zu können. Mit dem Fall der Genuesen geriet der Pass in Vergessenheit und wurde so erst wieder im ersten Weltkrieg benutzt. Einen richtigen Ausbau bekam er seither bis in die späten 1990er Jahre nicht. Wir fuhren um 1994 herum noch die damals unbefestigte Südrampe, seither hat es uns nicht mehr hierher verschlagen. Heute nun waren wir zwar in Bormio an der Nordrampe, aber das Wetter sah nicht so aus, dass wir unbedingt dort hinauf müssten. Der Gavia muss also noch ein bisschen auf uns warten.

So fuhren wir durch das Veltliner Tal, von dem man nicht mehr viel sieht. Tunnel folgt Tunnel, jeweils mehrere Kilometer lang. Über diese Zufahrt kann der Wintersportort Bormio bei jedem Wetter von den Ballungszentren um Mailand erreicht werden. Das ist aber keine Neuerung für die Olympischen Spiele im nächsten Winter, das ist schon länger so. In Bormio werden die alpinen Wettbewerbe der Männer stattfinden, und zwar nur jene der Männer. Das war irgendwie auch mal anders gedacht. Was unterscheidet dies jetzt noch von Weltmeisterschaften, wenn die üblichen Athleten unter sich bleiben? Ach so, ja, ich vergaß – das IOC natürlich…

Die Tunnelpassagen hinter uns zu fahren, ist für alle Italiener eine Höchststrafe, stehen doch an den Tunnelportalen Schilder mit einer „70“ drauf. Unser Auto, dies erkennend, hält sich natürlich stoisch daran und stört sich auch nicht an dem Gehupe von hinten. Ich lege dann mal 10 km/h oben drauf, begleitet von diversen Warn-Bings. Das senkt zumindest die Anzahl der ins Lenkrad beißenden Motoristi etwas. Eines kann ich inzwischen sagen: Für Italien sind die ganzen Fahrassistenten nicht gemacht!

Inzwischen ist der Himmel blau und wir wechseln hinter Tirano über den Passo d’Aprica ein Tal weiter, ins Valcamonica. Diesem würden wir bis zur Po-Ebene folgen. Am Ende des Tales erreichen wir den oben erwähnten See, befreien unsere Esel, nehmen die Fähre über den See bis zur Monte Isola und beginnen unsere Inselrundfahrt auf der autofreien selbigen. Wir müssen aber schon kurz nach Beginn unterbrechen, um die kulinarischen Angebote der Insel einer tieferen Untersuchung zu unterziehen. Erst danach kann die eigentliche Tour beginnen.

Etwa 10 Kilometer später sind wir herum, nehmen die nächste Fähre zurück ans Festland und die letzten etwa 100 Kilometer unter die anderen Räder. In der Po-Ebene, mehr oder weniger direkt an der Grenze zwischen der Lombardei und der Emilia-Romagna wartet unser Quartier für die nächsten zwei Nächte auf uns, direkt beim König des Culatello. Kennt ihr nicht? Wir bisher auch nicht. So etwas findet man nur durch Zufall, durch querlesen und mit einem gewissen Interesse an kulinarischen Besonderheiten. Den Titel hat Massimo Spigaroli von King Charles, damals noch Prince Charles, bekommen. Selbst in biologische Landwirtschaft und in die Zucht schwarzer Schweine involviert, war er von Massimos Schinken so begeistert, dass er gern selbst so produzieren wollte. Die Schweine und weiteren Zutaten waren nicht das Problem, jedoch der Nebel des Po, der hier durch die Kellergewölbe wabert und für den Edelschimmel sorgt, der dem Culatello seinen besonderen Geschmack verleiht.

Massimo Spigaroli betreibt auf dem Gutshof zwei Restaurants, das bessere von beiden bekommt regelmäßig einen Michelin-Stern. Wir begnügen uns heute mit der einfacheren Alternative und diese fegt alle Argumente für das Sterne-Restaurant für uns hinweg. Vegetarier sollte man indes nicht sein, wenn man hier zu Gast ist. Also Thank you Your Majesty für diesen Tipp.

Jens

Er fotografiert und manchmal schreibt er auch.

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