Die letzten drei Tage und die zurückgelegten reichlich 1000 Kilometer von den Rockies bis zur Pazifikküste waren eher langweilig. Wir sahen rechts und links Bäume, nichts als Bäume. Das Wetter war eher grau und teilweise regnerisch. Das ist aber auch nicht anders zu erwarten gewesen, schließlich durchquerten wir den pazifischen Regenwald und dieser bedingt nunmal Regen. Also werde ich einen literarischen Kunstgriff benutzen, erfunden und zur Perfektion gebracht von einem zamonischen Lindwurm.
Von Jasper bis nach Prince Rupert befuhren wir den Yellowhead Highway, einen Zweig des Trans Canada Highways, der von der Küste in Prince Rupert bis nach Winnipeg mitten in der großen Prärie führt und dort auf den Highway #1 trifft. Benannt ist der Yellowhead Highway nach einem Stamm der First Nation, dessen Gebiet er durchquert – den Gelbköpfen. Erkannt haben wir das an der zunehmenden Dichte an Totempfählen, die wir in den wenigen Ortschaften immer wieder sahen.
Der erste Teil der von uns befahrenen Strecke von Jasper Richtung Westen war landschaftlich durchaus noch interessant. Wir überquerten die Rockies, uns wurde an der Grenze zwischen Alberta und British Columbia eine Stunde geschenkt, wir kamen durch den Mount Robson Provincial Park, benannt nach dem höchsten Berg der Rockies und dem höchsten Berg Kanadas, ausgenommen bleibt dabei das alaskanische Küstengebirge mit den Wrangel St.Elias Mountains; vom Gipfel sahen wir leider nichts, er versteckte sich in den Wolken; wir ließen die Rockies hinter uns, erreichten spätestens in Prince George – warum sind hier eigentlich Orte nach Mitgliedern der englischen Königsfamilie benannt – den zentralen Norden British Columbias, welches – und das ist in Kanada wichtig – französisch Colombie-Britannique heißt und spätestens hier im Hinterwald des Regenwaldes sehen wir nichts als Bäume. Wenn die Leser:in diesen Satz ein wenig zu lang wähnt, so kann ich das nachvollziehen. Mir sind aber durch den Titel des Beitrags gewisse lindwurmige Satzkonstruktionsprinzipien aufoktroyiert worden. (Dieses ist jetzt übrigens eine Abschweifung in der Abschweifung, mit dem Text in dieser Klammer, sogar eine weitere. Dass wäre dann eine mythenmetzisch abgeschwiffene abschweifende Abschweifung, dies nur als Marginalie für Interessierte der zamonischen Literatur.)
Zweimal diesen Exkursen entronnen, wir befinden uns immer noch auf dem Yellowhead Highway, sind immer noch bei klarem Verstand, was die Leser:in eventuell schon bezweifeln mag, wenn sie denn nicht schon längst dem Text entflohen ist, was der Autor bedauern, aber durchaus verstehen würde, stellen wir fest, was uns in den beiden Nationalparks der Rockies, Banff N.P. und Jasper N.P. nicht gefehlt hat, uns aber erst jetzt aufgefallen ist: Wir haben etwa 300 Kilometer keine Stromleitung und keinen Mast gesehen. Zurecht kann man als europäischer Besucher der kanadischen Rockies feststellen, dass die Alpen genauso schön sind. Doch wo findet man dort 300 Kilometer lang keine horizontalen oder vertikalen Störungen in der An- und Umsicht, keine Stromleitungen und Masten? Ich kann es nicht belegen, bin mir aber sicher, dass dies nirgends mehr der Fall ist.
Da wir außer Bäume betrachten und Bären zählen – ja Bären, die stehen hier gelegentlich am Straßenrand oder queren diese so, dass ich vorsichtshalber bremse – haben wir nicht viel zu tun. So können wir das erste Hörbuch abschließen – Kommissar Dupin hat seinen 14. Fall gelöst – und das nächste beginnen. Ein ganzes Buch immer wieder prosaische Würdigungen bretonischer und dieses Mal auch baskischer Cuisine zu hören, ist ziemlich anspruchsvoll, wenn man in Nordamerika unterwegs ist. Wir können aber feststellen, dass die Möglichkeiten, etwas Vernünftiges selbst zu kochen, hier in Westkanada deutlich besser sind, als sie dies im Südwesten der USA vor einem dreiviertel Jahr für uns waren. Heute kauften wir eine größere Auswahl unterschiedlichen Wurzelgemüses ein, Karotten unterschiedlicher Farben, gelbe Rüben, Ringelrüben usw. Da können wir unseren Backofen kurz vor dem Bett auch mal für ein leckeres Ofengemüse nutzen. An der Kasse fragte uns die Kassiererin, was das im Einzelnen sei, ratlos war sie bei der Ringelrübe. „Keine Ahnung, ich kann dir nur den deutschen Begriff sagen, den englischen kenne ich nicht“, war meine Antwort. In einer kurzen Beratung mit der herbeigerufenen Kollegin einigte man sich ganz allgemein auf turnip – na, das hätte ich dann auch gewusst, marigolds wäre es aber gewesen, das habe ich jetzt gegoogelt. Wer hätte es gewusst? Ich werde dies unverzüglich meinem Repertoire minder nützlichen Wissens hinzufügen.
Inzwischen sind wir in Prince Rupert an der Küste angekommen. Die besten Zeiten sind hier vielleicht schon vorbei. Dafür gibt es Cannabis, wo immer man es braucht, oder will oder wie auch immer. Hier haben wir auch wieder Verbindung mit der Welt. Den Begriff cell phone nimmt man hier übrigens wörtlich, wie auf dem Bild zu sehen ist 😉
Den Abstecher nach Alaska, für den wir zwei Tage in der näheren Zukunft vorgesehen hatten, haben wir unterwegs gestrichen, als wir uns das Wetter dort ansehen konnten. Viel Regen und kein Wind, so dass sich das Wetter auch nicht ändern wird, ließen uns von den über 1000 Extrakilometern Abstand nehmen. Wir werden zwei Regentage jetzt an der Küste in der canadian rain capital aussitzen, bis unser Schiff gen Süden geht. Dort, auf Vancouver Island, deutet sich aber eine stabile Schönwetterlage an, die uns gleich noch einen Ausflug in die dortige marine Tierwelt buchen lies. (Algebra: Wir lösten eine der nur wenigen Variablen dieses Urlaubs in einen kardinalen Wert auf.) Vorher aber, morgen, fahren wir auf einem deutlich kleineren Boot, als es das Fährschiff ist, in das Khutzeymateen Inlet. Dort bestehen weltweit die besten Aussichten, Grizzlies aus sicherer Position vom Boot aus zu beobachten. Dies ist der Grund, warum wir überhaupt hier sind, den Trip buchten wir ungefähr an Weihnachten, weil wir da schon genau wussten, wie das Wetter morgen sein würde 😉 Die paar Bären am Straßenrand reichen uns dann doch nicht 😉 Das Wetter sieht dafür – wir haben wohl wieder einmal Glück – seeehr günstig aus. Wir freuen uns!
PS: Ich füge sicherheitshalber hier noch ein paar Kommata hinzu, welche die Leser:in nach eigenem Gusto bzw. nach den geltenden Regeln verteilen darf. Ich bin mit der Satzkonstruktion vielleicht ein bissschen überfordert. Sollten zuviele Satzzeichen verbaut worden sein, können diese ebenfalls hier abgelegt werden.
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