Heute morgen begutachten wir den Campingplatz, den wir gestern Abend erst in Dunkelheit erreichten. Viel mehr als die unverhoffte Feuerstelle interessierte uns da nicht mehr. Wir haben gewisse Schwierigkeiten, einen Frühstücksplatz zu finden, der nicht in der prallen Sonne liegt. Auf soviel Hitze zum frühen Morgen sind wir nicht vorbereitet. Wir haben aber ganz viel Auswahl, da wir fast die einzigen Gäste hier sind. Es stellt sich fast schon ein amerikanisches Feeling ein, sogar Bäume gibt es – Bäume! In Island!

Kurzerhand verwerfen wir den Plan, das Hochland von hier noch einmal anzufahren, um die „Zähle-die-Wasserfälle-Wanderung“ zu machen. Stattdessen wollen wir dem vierthöchsten Wasserfall Islands, dem Hengifoss, einen Besuch abstatten. Dieser liegt auf der anderen Seite des Sees Lögurinn in Fahrradreichweite. Also werden die Drahtesel mit Batterien gefüttert und wir machen uns auf den Weg.

Am Eingang der Schlucht des Hengifoss angekommen sind wir nicht die Einzigen – dieses Gefühl der Einsamkeit, das haben wir inzwischen gelernt, kann man im Sommer in Island wohl kaum noch unterhalb des Hochlandes erleben. Eine deutsche Auswanderin hat das auch erkannt und steht hier mit ihrem Imbisswagen. Es gibt Eis aus Schafsmilch und einige Dinge mehr. Wir merken uns das mal für den Rückweg und begnügen uns einstweilen mit einer flüssigen Erfrischung.

Der Weg zum Wasserfall ist steil und lang, man altert förmlich im Zeitraffer beim Hochsteigen. Wir schaffen es beide vorbei am Litlanesfoss (Auch hier ist natürlich kein Wasserfall allein für sich) bis wir den Hengifoss in seiner Schlucht mit den charakteristischen roten Streifen sehen. Der oder die aufmerksame Leser*in weiß es schon: Eisenoxide in den Tephraschichten.

Den restlichen Weg laufe ich allein, Eva widmet sich dem wievielten Buch auch immer in diesem Urlaub. Oben angekommen hält der Hengifoss nicht alles, was er versprach. Der vierthöchste Wasserfall beginnt zwar ganz oben, endet aber fast auf halber Strecke. Bis nach unten fällt das Wasser nicht, der Sommer ist diese Tage sehr extrem.

Von unterwegs ergeben sich schöne Aussichten über das Tal bis hinüber zum Gipfel des Snaefell. Aber es ist nicht mehr klar, sondern schon recht diesig. Wir steigen dann auch bald gemeinsam hinab, ich teste natürlich ein Rhabarber-Schafsmilch-Eis, Eva mag es konventioneller mit der urisländischen Frucht schlechthin: Banane, in Kombination mit Schokolade auf einer selbst gemachten Waffel. Diese Waffel erreicht zwar noch nicht gehobenes norwegisches Niveau, distanziert jedoch andere Exemplare der Insel. Für „richtige“ Waffeln braucht es Rømme, und die gibt es nur in Norwegen.

Alsbald machen wir uns auf den Rückweg mit dem Fahrrad und treten gegen den inzwischen recht starken Wind an. Ohne Support aus dem Tretlager wöllte das keiner von uns beiden machen. Wir nutzen ein letztes Mal die Dusche in unserem Fahrzeug, schließlich muss das gebunkerte Frischwasser raus. Noch ein bisschen genießen wir den schönen Nachmittag und frühen Abend auf dem Campingplatz und begeben uns dann nach Egilsstaðir zu unserem „Abschluss-Essen“. Eva hatte gestern Nacht noch ein interessantes Lokal aufgetan und schnell zwei Plätze gebucht – man weiß es ja nie.

Das war auch richtig so, Spontanbesucher müssen allesamt abgelehnt werden, weil nicht alle Tische belegt werden können. Die 4 Gänge jedenfalls, so lassen wir es am Ende auch dem Koch mitteilen, bilden das beste Essen dieses Urlaubs. Wieder am Campground angekommen, sehen wir viel mehr Menschen als gestern. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens haben jetzt wohl die meisten Reisenden mitbekommen, dass hier im Osten schönes Wetter ist und zweitens geht morgen die Fähre nach Europa und von hier aus ist es nicht mehr so weit bis zum Kai in Seyðisfjörður. 

Auch sahen wir heute im Licht den Hinweis, doch bitte auf offenes Feuer zu verzichten, es wäre zu trocken. Oops! Wir halten uns natürlich daran und sind ein ganz klein wenig froh, diesen Hinweis gestern in der Dunkelheit nicht gelesen zu haben.

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