Marrakesch und seine Medina ist für jeden Marokko-Reisenden ein absolutes Muss. Nirgendwo sonst ist die exotische Atmosphäre aus 1001 Nacht so authentisch zu erleben wie in den engen, verwinkelten Gassen und auf den bunten Souks.

So oder ähnlich steht es in fast jedem Reiseführer. So empfindet unserer Meinung nach nur der Erstbesucher. Zwei von uns Vieren sind Erstbesucher hier im Okzident des Orients. Ab der zweiten von tausendundeiner Nacht wird es auch für sie authentischere Orte geben.

Man sagt, die Souks von Marrakesch wären die größten in Marokko. Trotzdem kann man sich hier einfach zurechtfinden. Dies liegt zum einen am Djemaa el-Fna, dem kulturellen Zentrum der Stadt, aber auch daran, dass es hier eben ist und die Straßen regelmäßig angelegt werden konnten. Auch hier gibt es wie in scheinbar jeder orientalischen Stadt ein Viertel der Wollfärber, einen Textil-Souk, einen Souk der Holzschnitzer und einen der Kupferschmiede. Da Marrakesch aber ein touristischer Hotspot ist, sind viele Waren und Verhaltensweisen nicht mehr so ganz ursprünglich. Oft geht es hier darum, den Vorbeigehenden irgendwelche Sachen aufzuschwatzen.

Christoph Leisten schrieb im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 6. Dezember 2006

Die vermeintliche Freiheit, das Lässige und Bunte von Marrakesch funktioniert nur, wenn vieles ausgeblendet wird. Die Stadt hat die größte Kluft zwischen reich und arm in Marokko: Für den Preis einer Nacht in einem besseren Hotel der Stadt muss ein Zimmermädchen zwei Monate arbeiten. Ein Ausflug nach Marrakesch ist für eine durchschnittliche marokkanische Familie inzwischen kaum noch finanzierbar. Abgesehen von der kleinen reichen Oberschicht hat es in Marrakesch nur der zu etwas Geld gebracht, der sein Riad in der Altstadt an Westler verkauft hat, was viele Familien als Entwurzelung empfinden. Alle anderen kämpfen täglich ums Überleben. Man kann in Marrakesch alles bekommen, wenn man das Geld dafür hat. Und man fühlt sich, als sei man mittendrin, aber nah kommt man den Menschen nicht…

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