Der heutige Tag empfing uns wieder mit schönem, wenn auch spürbar kühlem Wetter. Wir erwachten in einer ruhigen Bucht bei laut Kapitän 9,5 °C. Der Morgen hält eine Wanderung zu einer Trapperhütte bereit. Diese befindet sich im Liefdefjord (Holländischer Name für den „lieblichen Fjord“). Diese Hütte wurde von Jägern genutzt, die im Winter Eisbären, Robben und Polarfüchsen nachstellten. Heute sind das nur noch Rentiere, da die Jagd auf die erwähnten Raubtiere seit 1973 auf Spitzbergen verboten ist. Gut so! Die kärgliche Hütte ist unter dem Namen „Texas Bar“ bekannt, woher dieser Name stammt, weiß heute keiner mehr so ganz genau. Diese erste Wanderung des Tages führt uns an vielen Pflanzen der arktischen Tundra vorbei. Da wundert man sich schon, was in so kurzer Zeit alles zum Blühen gebracht wird.

Während des Mittagsbufetts und dem dazugehörigen kurzem Schlaf kreuzte unsere schwimmende Herberge vor dem Monaco Gletscher.

Alsbald ging es dann zur zweiten Wanderung des Tages. Diese war etwas anspruchsvoller über Steine und Wege zur – wie kann es anders sein – nördlichsten heißen Quelle on earth. Der Ausblick auf die rostroten Berge, gefärbt durch Eisenoxide der Sedimente, die im Devon am Grund des Thetys-Urmeeres entstanden, ist phänomenal.

Nach dem Abendessen fuhren wir dann über den 80. Breitengrad. Dies wurde an Deck ein klein wenig mit Sekt gefeiert

Viel interessanter war allerdings die dahinterliegende Insel Moffen, auf der eine Menge an Walrössern rumlagen. Das ein oder andere bequemte sich auch ins Wasser, was für diese an Land so behäbigen Tiere gar nicht so einfach ist.

Reicht das Smartphone nicht zum Fotografieren der Tiere, muss ein Foto vom Foto reichen. Die mitreisenden Chinesen sind immer wieder dankbare „Sekundärfotografen“.

Im Nachhinein wurde uns bewusst, dass wir zu diesem Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit die nördlichsten Menschen auf diesem unseren Planeten waren. Jens schaute einige Tage später auf www.vesselfinder.com, einem öffentlichen Schiffsradar im Internet, nach und fand kein Schiff, weder um Grönland und die Ellesmere Insel (Kanada), noch um Sewernaja Semlja (Sibirien) oder um das Franz-Josef-Land, welches sich nördlicher befand als die M/S Nordstjernen. Das Wissen darum, dass es keine Siedlungen oberhalb von 78° 55′ N rund um den Globus gibt, lässt vermuten, dass keine anderen Menschen zu diesem Zeitpunkt so nahe dem Nordpol waren. Jens stand mit seinem Stativ ganz vorn im Bug der ziemlich exakt nord-süd-ausgerichteten Nordstjernen und kann von sich behaupten, keiner wäre dem Nordpol heute näher gewesen. Im Prinzip ist der Kult um den 80. Breitengrad ziemlich willkürlich, aber mit diesen Überlegungen hat er schon wieder was an sich.

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