Der Esel entstand als lebensgroßes Aufstellungsobjekt im Rahmen des Adventsgarten der Katholischen Gemeine Sankt Paulus Dresden-Plauen.
Er ist noch heute in vielen Ländern Nordafrikas, Kleinasiens und der arabischen Halbinsel das Rückgrat der Gesellschaft. Der graue Vierbeiner ist das Arbeitstier, das manchmal sogar unter seiner Last zusammenbricht – grausame Bilder, die sich einprägen.
Die größten Bauwerke wären ohne seine Hilfe nicht errichtet worden, die anstrengendsten Expeditionen hätten ohne ihn nie stattgefunden. Er ist genügsam und anspruchslos, lässt sich ohne Gegenwehr prügeln und schlagen. Seit etwa 6000 Jahren ist der Esel Haustier – kürzer als Schaf, Schwein oder Rind, aber länger als Pferd oder Kamel.
Die Antike weist dem Esel positive Eigenschaften zu: Stärke und eine große Potenz. In der Bibel ist das Grautier sowieso positiv belegt und begleitet Jesus schon als Zeuge der Geburt, auf der Flucht nach Ägypten und nach Jerusalem. Im Koran ist er ebenso nicht wegzudenken als Beispiel für Demut, Duldsamkeit und Zähigkeit. Cervantes setzte seinen „Don Quijote“ auf einen Klepper namens Rosinante während sein listiger Begleiter Sancho Panso lieber auf einem Eselsrücken ritt. Spielte ein Esel bei den Bremer Stadtmusikanten noch die tragende Rolle, trat er auch in Shakespeares „Sommernachtstraum“ auf, so wurden seine literatischen Würdigungen immer weniger. Daran konnte auch die andalusische Eselselegie „Platero und ich“ von Juan Ramón Jiménez, die Abenteuer auf Elba von Tino und seinem „Eselchen Grisella“ von Heinrich Maria Denneborg und Wilhelm Buschs schelmische Verse nichts ändern:
Es stand vor eines Hauses Tor
Ein Esel mit gespitztem Ohr,
Der käute sich sein Bündel Heu
Gedankenvoll und still entzwei.
Was in der Bibel als positiv galt, hat dem Esel spätestens seit der Renaissance nicht mehr gut getan.
Seitdem kam der Esel in der Bildenden Kunst nicht mehr vor. Als Lasttier war er gelegentlich noch im Hintergrund zu finden, immer langgesichtig und langohrig und immer blöde dreinschauend, Hauptmotiv war er jedoch nie – bis heute. Albrecht Dürer stach kein Grautier in Kupfer, es war ein anderes Langohr, ein Feldhase. Vincent Van Gogh malte keinen Esel in einem Sonnenblumenfeld, die markerschütternden Schreie des Grautiers vernahm auch Edvard Munch nicht, sein Schrei kam aus seinem Innersten.
Ein Esel ist im Volksmund dreierlei: stur, faul und dumm. Dabei ist er doch nur so, wie er ist. Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters und ist der Mode unterworfen. Die sprichwörtliche Duldsamkeit des Vierbeiners ist es jedoch nicht. Es ist nicht Dummheit, das Störrische ist Vorsicht und Klugheit. Ein in Panik weglaufender Esel würde sich dort, wo er ursprünglich lebt, im steinigen Geröll, die Knochen brechen. Beim Gehen überlegt er genau, wohin er tritt, und geht so sicher, dass er auch auf den gefährlichsten Wegen immer in Sicherheit ist. Esel sind situationsintelligent, sagt heute die Wissenschaft. Das Bild vom Esel, der verhungert, weil er sich nicht zwischen zwei Heuhaufen entscheiden kann, ist eher ein Beispiel menschlicher Schwächen als mangelnder Eselsvernunft. Wenn es darum geht, wo man Futter findet oder wie man sich das Leben etwas einfacher macht, ist der Esel nicht nur dem Pferd überlegen.
Leidvoll der Mensch, welcher einem Esel glich. So legte Friedrich Nietzsche besonderen Wert auf seine kleinen Ohren und legte dem Tier diese Langohrigkeit zum großen Nachteil aus. Reißt man jedoch eines der nietz‘schen Eselzitate aus dem Zusammenhang und liest es wortwörtlich, dann wird es vielleicht dem Vierbeiner gerecht, auch wenn es im konkreten Fall eine sanftmütige, friedliche Eselin war, die Jesus nach Jerusalem trug:
„Man wird die Menge nicht eher zum Hosianna-rufen bringen, bis man auf einem Esel in die Stadt einreitet.“
Die Silhouette eines Esels,
beherrscht von seinen großen, langen Ohren,
die er ganz offensichtlich getrennt voneinander bewegen kann,
eignet sich wohl nicht als Kunstmotiv.
Der Esel trägt zu schwer an seiner Last.
Der vordere Sack ist gefüllt mit Skizzen und Stichen aus der Renaissance – vermeintliche Werke von Albrecht Dürer. Als Vorbild diente sein berühmter Feldhase.
Stellvertretend für die Biedermeier-Zeit wurde nicht Carl Spitzweg für den mittleren Sack die Palette gehalten.
Der letzte Sack wurde nicht von Alfons Maria Mucha mit Jugendstil-Werken gefüllt.
Gehalten wird die Last von Gurten des Konstruktivismus, nicht von Paul Klee erschaffen.
Der Expressionismus gestaltet Kopf und Hals.
Der Esel schreit unter seiner Last. Ein Schrei, welchen Edvard Munch hätte malen können. Neben seinem Lebensfries wäre so vielleicht der Eselsfries entstanden.
Linkes Ohr und Gesicht wurden nicht von Ernst Ludwig Kirchner gestaltet.
Für das rechte Ohr hätte Franz Marc keine blauen Pferde, sondern blaue Esel malen müssen.
Mit dem Hals bereitete nicht Wassily Kandinsky der abstrakten Kunst den Weg.
Nicht Andy Warhol siebdruckte das Zaumzeug – Pop Art zeigt hier nicht Marylin Monroe, sondern das Langohr.
Zum linken Vorderbeinen konnte Joan Miró als Vertreter der Klassischen Moderne nichts beitragen, ebenso wie Pablo Picasso für das rechte Vorderbein nicht den Pinsel führte. Nicht Friedensreich Hundertwasser gestaltete den Bauch…
…auch nicht Henri Matisse und Amedeo Modigliani, die kubistische Hüfte und den Schwanz kombinierte nicht Piet Mondrian.
Das linke Hinterbein impressierten nicht Paul Cézanne, Claude Monet und Vincent Van Gogh.
Das surrealisitische rechte Hinterbein malte auch Salvador Dalí nicht.
Da die bildende Kunst so wenig Eselsbilder hervorgebracht hat, mussten für das Kaleidoskop andere Quellen herangezogen werden: Der aufmerksame Betrachter meint vielleicht den einen oder anderen Künstler erkannt zu haben, ohne jedoch die gezeigten Mosaikteile zu kennen. Keines der verschiedenen Teile hat je einer der vermuteten Maler erschaffen. Die Bilder entstammen einer anderen Kreativität – einer künstlichen. Die Eigenheiten der Maler und Stilrichtungen wurden beschrieben um mittels Deep Learning Bilder erschaffen zu können. Deren beste Ergebnisse wiederum wurden als Quelle dem maschinellen Lernprozess zur Verfügung gestellt. Durch diesen iterativen Prozess sollten die erzeugten Bilder der Erwartung zu einem Künstler immer näher kommen. Dies funktioniert je nach Stil unterschiedlich gut, so wurden Van Goghs abgeschnittene Ohren dem Esel zu Liebe abtrainiert. Am Ende sind es 1400 Exponate, eine Zahl ohne eine gewollte Symbolkraft.
Ist dies nun künstliche Intelligenz?
Intelligent wäre, sich zwei oder drei Werke jedes einzelnen Künstlers anzusehen und danach andere, unbekannte Werke diesem Künstler zuordnen zu können, ganz so, wie es der Betrachter versucht. So funktioniert Deep Learning nicht. Es ist (noch) keine künstliche Intelligenz, nur künstlicher Fleiß.