Beim Wachwerden hatte sich der Regen der Nacht gelegt und den Mücken wieder Platz gemacht. Eine davon hatte sich am gestrigen Abend dann wohl auch in unserem Wohnmobil ein Zuhause geschaffen und mich in Hand und Gesicht gestochen. Das war allerdings nichts gegen ihre fiese Schwester, die Jens beim Pfeiferauchen vor der Tür innerhalb weniger Sekunden gleich fünfmal ins Bein stach. Naja, irgendwie muss es doch nach so vielen Jahren auch mal eine ausgleichende Gerechtigkeit geben.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Nordkap und dies bei immer blauer werdendem Himmel. Zwischendurch suchten wir uns um die Mittagszeit ein Plätzchen (wir waren nicht ganz allein), setzten uns in die Sonne und tranken gemütlich ein Gläschen Wein. Immerhin ist doch Sonntag und wenn es schon kein Mittagessen gibt 😉
Da wir wussten, dass es für das Nordkap bei Sonne ein endliches Zeitfenster gibt, ging es durch die schöne nordnorwegische Landschaft weiter, immer wieder unterbrochen durch Fotostopps und Ahs und Ohs.
Was wir auf keinen Fall auslassen wollten, war ein Besuch in Honningsvåg. Als wir vor 10 Jahren erst- und letztmalig hier waren, suchten wir dort am Morgen vergebens nach einer Frühstücksmöglichkeit. Vermutlich wäre das heute kein Problem mehr, zumindest am Nachmittag war die Auswahl der Cafés vielfältig. Wir entschieden uns für eines ohne Waffeln, aber mit Crêpes und Galettes und verspeisten jeweils einen Galette. Nebenbei beobachteten wir die anderen Touristen, die größtenteils vom gerade am Kai liegenden Kreuzfahrtschiff kamen. Immer wieder spannend, diese Beobachtungen.
Unser Tagesziel, das Nordkap, erreichten wir dann auch pünktlich bei Sonnenschein, da der Herr des mobilen Hauses aber erst das Gefährt nochmal umparken musste, dann zuerst an Pfeife und Wein interessiert war, schafften wir es doch tatsächlich, dass dann alles in Wolken lag und sich kein Blick mehr ergab. Shit happens! Hätte ich da nach mehrfachem Durchschnaufen noch „Drüberhinwegsehen“ können (das war jetzt eh nicht mein favorisiertes Ziel) gelang es ihm dann auch noch, zwei von mir geschriebene Postkarten ohne Briefmarke in den Briefkasten zu stecken. Er war sehr stolz darauf, dass er einen Briefkasten gefunden hatte und die Frage, wie viele Briefmarken er denn gekauft hätte, ließ ihn mit Erstaunen und mich mit Verzweiflung zurück. Nun muss ich die Karten nochmal schreiben und im besten Fall bekommen die beiden Adressaten 2 Karten…
Damit wir nicht ganz umsonst hierher gefahren waren, schauten wir in der „Nordkapphallen“ wenigstens Filme und Ausstellungen an und wunderten uns auch hier wieder über Touristen. Aber vielleicht wundern sich andere auch über uns (sehr wahrscheinlich sogar :-))
Da es hier doch empfindlich kühl (ca. 10°C) und sehr, sehr windig ist, haben wir uns dann in unser rollendes Zuhause zurückgezogen, Jens hat Bratkartoffeln zubereitet und rings um uns herum kampieren wahrscheinlich noch 100 weitere Wohnmobile. Das ist ganz sicher nicht der schönste Platz der Reise, aber im Vergleich zu den Zeltenden auf der Wiese vor uns haben wir es immerhin winddicht (und bei Bedarf gäbe es sogar eine Heizung).
Jetzt (22:23 Uhr) kommt sogar immer mal wieder die Sonne hervor, untergegangen ist sie hier schon seit dem 14. Mai nicht mehr und sie wird es auch bis zum 29. Juli noch nicht tun. Da werden wir wohl doch wieder zur altbewährten Verdunklung mittels Gardine und Rollo greifen müssen, um wenigsten eine Zeitlang schlafen zu können.
Morgen geht’s dann in hoffentlich wieder windstillere Gefilde und wir werden uns auch in den nächsten Tagen weiter an der Sonne orientieren und unsere Reise nach ihr ausrichten.
Nachtrag
Kurz vor 23:00 Uhr zog es uns dann noch nochmal nach draußen. Jetzt waren die Wolken unter uns – ein gigantisches schnellziehendes Wolkenmeer. Hier bei uns Sonne und zum Teil blauer Himmel, aber es ist und bleibt kalt, aber auch extrem sehenswert. Hat sich dann wohl doch noch gelohnt.