Johann Gottfried von Herder hatte es schon Ende des 18. Jahrhunderts postuliert, was wir jetzt selbst feststellen.
Vor acht Jahren bei unserer ersten Wüstentour mit unserem damaligen Guide – wie könnte es anderes sein – Mohammed hatten wir viel eher und länger das Gefühl, der Zivilisation entkommen zu sein. Sobald die äußersten Dünen der Erg Chebbi den Blick auf den Horizont verstellten, war es damals da, das Gefühl was Jean Baudrillard so beschrieb:

In der Wüste muss ich die Einsamkeit nicht erst suchen, ich bin Teil davon.
Ich bin auch nicht mit mir selbst allein, das wäre wieder die romantische, westliche Form der Einsamkeit.
Nein, die Wüste ist für mich die klarste, schönste, hellste, stärkste Form der Abwesenheit.

Außer unseres Guides Spuren und jener der Hufe unserer Dromedare sahen wir damals am Boden nichts. Nichts außer Sand und manchmal einen Kameldornbusch. Heute ist es schwer einen Blick zu finden, welcher keine der sich nur langsam im Sand auslöschenden Spuren von Buggies, Motorrädern und Sandboards streift. Akkustisch können wir die Ruhe der Abgeschiedenheit noch finden, manchmal zumindest, optisch ist dies schwieriger. Es ist erschreckend, ansehen zu müssen, wie lang Fahrzeugspuren selbst im Sand erhalten bleiben, von den Spuren in der Hammada, der Steinwüste, ganz zu schweigen.

Vor acht Jahren begann die Boomzeit der Wüstentrecks gerade, nicht durch uns, aber auch mit uns, heute haben diese ihren Reiz vielleicht schon verloren. Damals hatten wir den Proviant auf unseren Reittieren mit, zumindest für die erste Nacht und den Morgen danach, heute werden wir in einem Wüstencamp erwartet, dessen Ausstattung sich nicht vor Hotels zu verstecken braucht. Auf dem Sand sind Teppiche ausgerollt, selbst eine Wasserleitung wurde durch die Wüste verlegt. Manchmal wird diese vom Fallwind, der von den über 200 Meter hohen Dünen wehen kann, freigelegt. Sie versorgt Duschen und Toiletten mit fließendem Wasser, für uns funktionierte das in 2014 noch anders, weniger komfortabel, die Einzelheiten behalten wir für uns. Die Toiletten tolerieren wir, nicht ohne eine gewisse Bequemlichkeit und mit genügend Opportunismus. Den Duschen im Sand verweigern wir uns, zumindest hier im Camp.

Freundlichkeit und Achtsamkeit unserer „Betreuer“ brauchen keine Kritik zu fürchten, das ist nicht das Problem. Das Problem sind vielleicht auch wir, wir sind nicht (mehr) das anvisierte Publikum. Der Blick von den Kämmen der Dünen, gerade zu Sonnenuntergang ist immer noch überwältigend, vielleicht zählt auch das vielmehr für unsere Mitreisenden. „Unser“ Mohammed damals war nach drei Tagen nicht mehr nur ein beliebiger Guide, den Namen unseres Kamelführers in diesen Tagen haben wir nie erfahren. Für uns ist der neuerliche Treck durch die Erg Chebbi keine Enttäuschung, aber das vielleicht auch über die Jahre verklärte Gefühl, welches wir mit Sahara verbunden haben, kommt nicht wieder, bleibt aber dennoch.

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