Da ich die Zeitumstellung nun tatsächlich überwunden habe, wurden wir heute erstmalig wirklich vom Wecker geweckt. Jens hatte sich die Gezeiten gemerkt und 11 Uhr irgendwas war Low Tide. So war es 2 Stunden vor- und 3 Stunden hinterher ungefährlich bzw. überhaupt möglich, am Strand rumzulaufen und Felsen zu betrachten bzw. zu fotografieren.

Der Ausflug ins, von mir mit viel Mühe rausgesuchte, Frühstücksrestaurant wurde also schon gestern Abend gestrichen und wir nahmen Ham & Eggs in der campereigenen Küche zu uns. Nach Jens‘ Erkundigungen kann man fast bis an die Steine ranfahren, also keine langen Laufwege für mich.

Am Ort der Abfahrt zum Low-Tide-Ausgangspunkt stellten wir allerdings schnell fest, dass der Weg ebenso wie gestern Abend gesperrt war. Blieb nur die Alternative: Jens läuft und ich warte im Wohnmobil. Kurz vor der Verabschiedung in den Park fiel Jens noch ein, dass es eventuell auch ein Shuttle geben könnte. Dies stellte sich schon am Eingang als Tatsächlichkeit dar und so konnte ich mich auch auf den Weg machen. Jens hat sich zwar furchtbar geschämt, dass er diesen Weg mit mir und dem Shuttle zurückgelegt hat, andererseits war es natürlich schön, dass ich mitkonnte.

Am Ziel angekommen, gab es immer noch viele Stufen bis hinunter zum Meeresboden zu überwinden um an den Fuß der „Blumentöpfe“, den Flower Pot Rocks zu kommen. Eine Weile vergnügte ich mich mit vielen anderen Touristen im Schlick. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viele das wohl im Sommer zur Hochsaison sind – der Parkplatz hinterlässt die Spur einer Ahnung.

Da Jens ein paar mehr Fotos machen wollte, schickte ich ihn mit Hinweis auf seine einzige anziehbare Hose los und ging selbst langsam die Treppen wieder nach oben. Dort angekommen, galt es erstmal die Schuhe mit dem Wasserschlauch abzuspritzen und zu säubern und dann setzte ich mich in die heiße Herbstsonne und wartete. Das Beobachten der anderen Touristen war Unterhaltungsprogramm der besonderen Art, da wird einem nicht langweilig.

Gegen 12 kam mein Mann wieder zurück und es war ihm nur so semi-optimal gelungen, die Hose vom Schlick freizuhalten (Wo soll man sich auch hinsetzen, wenn nicht auf seine dreckigen Schuhe 🙄) Die Schuh- und Stativreinigung dauerte bei ihm etwas länger, danach ließen wir uns wieder nach oben shutteln und staunten über die angewachsene Menge an Fahrzeugen auf dem Parkplatz.

Da es ja nun bereits Mittagszeit war, nutzten wir das anvisierte Frühstücksrestaurant kurzerhand fürs Mittagessen. Da war es so voll, dass wir anstehen mussten. So checkte ich aber auch beim Warten, dass der kommende Montag hier in Kanada Thanksgiving ist. Da machen die Gespenster und Riesenkürbisse am Wegrand gleich ein bisschen mehr Sinn. Ob wir allerdings jemals herausfinden werden, was es mit den Unmengen an Sperrmüll auf sich hat, die wir nun schon seit Tagen in Einfahrten stehen sehen…

Nachdem der erste Tagesordnungspunkt zu aller Zufriedenheit beendet wurde, kam nun ein ganz besonderer Höhepunkt. Wir fuhren nach Moncton und hier gibt es etwas, was Jens schon aus seiner Kindheit kennt. Und ebenso wie in Delhi als wir vor der Eisensäule von Qutb standen, die er auch aus dem frühen Stadium seines Lebens kannte, war er auch hier ergriffen von der Tatsache, dass er an einem Ort ist, den er als Kind oder Jugendlicher in Büchern oder Filmen kennenlernte und von dem er dachte, dass er ihn nie würde sehen können. Die Rede ist vom Magnetic Hill, einem Berg, an dem Autos bergauf rollen. Zauberei! Oder, wie ich ausdrücken würde, eine Sinnestäuschung, die mich nur marginal beeindruckt hat, aber ich verbinde ja auch keine Kindheitserinnerung damit 😉.

Jens meinte, dass er als Kind darüber gelesen hatte, dass dieser Ort in den Anfangszeiten des Automobils schon Anziehungspunkt war und sich hier Schlangen von Fahrzeugen bildeten, die alle Bergauf rollen wollten. Noch in den 1950er Jahren war der Magnetic Hill (Quelle: https://tourismnewbrunswick.ca) nach den Niagara-Fällen und dem Banff National Park das drittpopulärste Reiseziel in Kanada. Er wusste, dass dieser Ort in Ostkanada sein muss, dass wir aber direkt vorbeikamen, war wirklich Zufall.

Danach ging’s noch zur „Magnetic Hill Winery“. Auf eine Weinverkostung haben wir aber vernünftigerweise verzichtet. Man hätte auch noch in den „Magnetic Hill Zoo“ und den „Magnetic Hill Wasserpark“ gehen können, sehr kommerziell, das Ganze.

Mittlerweile haben wir noch 100 Kilometer durch leuchtenden Wald zurückgelegt und sitzen nun bei einem Lagerfeuer auf unserer Site auf dem South Kouchibouguac Campground im gleichnamigen Nationalpark.

Aus der Ferne hört man manchmal Gesprächsfetzen anderer Camper, die der Wind zu uns trägt, ansonsten kommen wir uns ziemlich allein vor. Unvorstellbar, dass hier im Sommer nur nach vorheriger Reservierung ein Platz zu bekommen ist, es gibt 320 davon 😳. Morgen wollen wir versuchen, zwei Räder auszuleihen und ein bisschen in den Nehrungen herumzufahren, das Wetter soll auf jeden Fall schön werden.

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